Theologie und Seelsorge
Rückbesinnung auf die Botschaft des Neuen Testaments ist nötig
Anders als es im verklärenden Rückblick der Apostelgeschichte (Apg 2,42+46f) erzählt wird, war bereits die Anfangszeit der christlichen Kirche voller Konflikte, wie etwa die Briefe des Apostels Paulus (die ältesten literarischen Zeugnisse des NT) beweisen. Doch im Unterschied zu heutigen Kirchenleitungen setzten die Apostel alles daran, zerstrittene Gemeindeglieder oder Lehrer wieder zusammenzuführen. Sie gliederten nicht aus, schickten niemanden hinweg, sondern erinnerten immer wieder an den gemeinsamen Grund des Glaubens und die Gemeinschaft des Leibes Jesu Christi (vgl. 1. Kor 1,11ff). Denn wo es in einer Gemeinde gehässigen Streit gibt, böse Nachrede, Konkurrenzkampf, Mobbing, da wirken sich nicht nur Streitsucht, Machtgehabe und Egoismus aus – da scheinen die Grundwerte christlichen Glaubens als Fundament kirchlichen Handelns verloren gegangen zu sein. Vor aller Mahnung zur Versöhnung untereinander steht daher bei dem Apostel Paulus der Ruf zur Versöhnung mit Gott (2. Kor 5,20f), nämlich mit dem Gott, der sich im Leiden und Sterben seines Sohnes an unsere Seite gestellt hat und uns in und mit Ihm in ein neues, befreites und versöhntes Leben führt.
Weil in unserer heutigen Kirche bis hinauf in die leitenden Ämter diese Orientierung allem Anschein nach immer weniger gesucht wird, werden kirchliche Konflikte oftmals nach den Maßstäben dieser Welt „gelöst“. Man redet von „Versöhnung“ und meint Unterwerfung, von „Frieden“ und meint ein ›Stillhalteabkommen‹. Man übernimmt aus dem Eherecht das Prinzip der Zerrüttung und glaubt, Frieden schaffen zu können, indem man Menschen voneinander scheidet. Gemeinden und Amtskirche folgen nur zu oft den in der Welt gängigen Lösungswegen, dabei suchen und identifizieren sie Sündenböcke in dem Glauben, durch deren Austreibung die Gemeinschaft wieder heilen und die gewünschte Harmonie wiederherstellen zu können. Doch all diese Wege führen nicht zum Frieden. Sie führen eher zu noch tieferer Verstörung, wenn nicht gar Zerstörung von Einzelpersonen, von Gemeinden und Kirche.
Daher ist die Rückbesinnung auf die Botschaft der Bibel nötig. Daher müssen aber auch gerade in der Kirche andere Wege der Konfliktlösungen bekannt gemacht und eingeübt werden. Denn: Konflikte sind – ohne kirchliche Gewaltanwendungen – lösbar!
(nach einem Vortrag von Prof. Dr. Gisela Kittel vor dem Pfarrverein in Thüringen, 2013)
Konfliktlösung ohne Gewalt
Konflikte sind ohne kirchliche Gewaltanwendung lösbar!
Vgl. dazu:
Traugott Schall:
Ein »Kuckucksei« im Pfarrerdienstrecht der EKD. Pastoralpsychologische Betrachtungen einer konfliktträchtigen Regelung
Aus: Deutsches Pfarrerblatt 6/2011, Seite 314-322
Das neue Pfarrerdienstgesetz der EKD sieht die Versetzung einer Pfarrerin / eines Pfarrers wegen Zerrüttung oder Vertrauensverlust vor (§ 79,2 (5), §80). Doch die Regelungen sind unklar. Sie können Amtsträger schutzlos gegenüber Behörden-Willkür machen.
Ebenso werden Angestellte oft davor gewarnt, sich in einen Prozess rechtlicher Auseinandersetzung zu begeben, mit dem Hinweis: Dann sei das Vertrauensverhältnis zerstört bzw. nicht mehr gegeben. Diese Moralisierung der Ansprüche und Rechte schüchtert ein und führt unter Umständen dazu, sich vorschnell auf eine Güte-Vereinbarung und auf eine Abfindung einzulassen, obwohl kein schuldhaftes Fehlverhalten bzw. Unrecht vorliegt und nachgewiesen werden kann. Wollte man bei Schuldlosigkeit in eine Güte-Vereinbarung einwilligen können, also in ein Teil-Geständnis und in anteilige Kosten-Übernahme? Nachlassende eigene Kräfte könnten eine solche Entscheidung allerdings nahelegen.
Drei Zitate aus dem Artikel:
Die Gesetzesformulierungen liefern Pfarrer dem Zusammenspiel von feindseligen Gemeindegliedern und Behörde aus.
Konflikte zwischen Pfarrer und Gemeinde oder »Vertretungsorgan« ohne vorherige kompetente und geduldige Beratung und Supervision zu regeln, ist einer christlichen Gemeinde und Kirche nicht angemessen.
In Schwierigkeiten und bei Problemen ist es nicht die Aufgabe leitender kirchlicher Ämter, Kollegen zu verfolgen, sondern ihnen beizustehen, zu mahnen, zu trösten und zu helfen.
Der ganze Artikel zum Weiterlesen hier.
Texte zur Theologie und Seelsorge
Vortrag von Andrea Borger: „Wie kann ich mich gegen Mobbing wehren?“
(Sondershausen, 4. Nov. 2023)
Den Vortragstext finden Sie zum Download hier.
„Aus dem Dienst gemobbt – was macht das mit mir … ?“
Vortrag am 10.11.2014 bei der Jahrestagung des Vereins „D.A.V.I.D. gegen Mobbing in der ev. Kirche“
Andreas von Heyl
Zum Download hier.
„Abberufung wegen einer nachhaltigen Störung in der Wahrnehmung des Dienstes“
Die Praxis von Kirchenbehörden und das Wesen der Kirche
Gisela Kittel
Vortrag vor dem Pfarrverein in Thüringen 2013 – Zum Download hier.
Personen gestalten Kirche
vom Einfluss der Persönlichkeit auf Theologie und Kirche
Traugott Schall
Abgedruckt DPfBl – Zum Download hier.
Ade! Freiheit der Verkündigung und Seelsorge
Eine pastoralpsychologische Analyse
Traugott Schall
Abgedruckt DPfBl – Zum Download hier.
Konflikte in der Kirche sind alltäglich und ohne Verurteilung lösbar
Traugott Schall
Referat auf der Herbsttagung von „D.A.V.I.D. gegen Mobbing“
27./ 28, Oktober 2012 in Eisenach – Zum Download hier.
Ein »Kuckucksei« im Pfarrerdienstrecht der EKD.
Pastoralpsychologische Betrachtungen einer konfliktträchtigen Regelung
Traugott Schall
Abgedruckt DpfBl – Zum Download hier.
„Rette dein Leben und sieh nicht hinter dich …“
Predigt von Pfarrer Dr. Karl Martin über 1. Mose 19, 1-17. 23-26
Gottesdienst zum Thema Mobbing in Kirche und Gesellschaft am Sonntag, den 13. Oktober 2002 in der altkatholischen Friedenskirche Wiesbaden
Zum Download hier.